Der Wahlpflichtkurs Medien im 11. Jahrgang, geleitet von der Lehrerin Melanie List, begleitet in diesem Jahr die Hannah-Arendt-Tage. Was diese Tage überhaupt sind, warum sie in Hannover stattfinden und was der Hintergrund der jährlichen Veranstaltungsreihe ist – über all diese Fragen haben Roschyar, Isabela, Marlene und Noa mit unserem Oberbürgermeister Belit Onay gesprochen.

Lieber Herr Oberbürgermeister, was hat die Stadt Hannover vor 25 Jahren dazu bewogen, die Hannah-Arendt-Tage ins Leben zu rufen?
Belit Onay: Die Grundidee war es, Hannah Arendt als Persönlichkeit und ihr politisches Wirken in ihrer Heimatstadt Hannover zu würdigen. Die Hannah- Arendt-Tage haben es geschafft, ihre politische Diskussion zu führen und auch aktuelle Themen aufzugreifen.
In den Medien ist zu lesen, dass die Hannah-Arendt-Tage sich auch an ein junges Publikum wenden. Wer ist die Zielgruppe und aus welchem Grund? Welche Inhalte richten sich konkret an junge Menschen?
Belit Onay: Wir halten das Portfolio an Themen möglichst breit, damit sich alle Personen jeden Alters angesprochen fühlen. Außerdem sollen möglichst viele verschiedene Persönlichkeiten zu Wort kommen können. Wichtig ist es, auch das junge Publikum anzusprechen, da die Kreativität, die Impulse und Perspektiven der jüngeren Generation die Hannah-Arendt-Tage bereichern.
Aus welchem Grund ist das diesjährige Thema der Hannah-Arendt-Tage „Unkontrollierte Macht: Vom Trend zur Autokratie“?
Belit Onay: Schon vor Beginn der Kriegsituation Anfang des Jahres 2022 war dem Kuratorium klar, dass Autokratie das diesjährige Thema wird, da das Zurückdrängen der Demokratie immer globaler wird. Studien zeigen außerdem, dass es aktuell mehr autokratische als demokratische Länder auf der Erde gibt. Und auch gerade jetzt, wo vor Kurzem das Land Ungarn von dem europäischen Parlament als gewählte Autokratie eingestuft wurde, scheint das Thema hochaktuell und bietet viel Raum zur Diskussion und Debatte.
Entscheiden Sie über das Programm und die Inhalte der Hannah-Arendt-Tage? Gibt es ein Kuratorium und wie entstehen die jeweiligen Inhalte?
Belit Onay: Zur Festlegung der Inhalte gibt es ein Kuratorium (ein Gremium, eine Aufsicht) und ich bin der Vorsitzende dieses Kuratoriums. Innerhalb dessen wird intensiv über die Themen und Redner:innen diskutiert. Die Vertreter:innen des Kuratoriums kommen aus verschiedenen Bereichen, wie der Kunst, Wissenschaft, aus Hochschule, Verwaltung und Politik. So ist es möglich, aus unterschiedlichen Perspektiven auf Themen zu sehen und darüber zu brainstormen. Für die Zukunft wünsche ich mir ein wechselndes Kuratorium, um noch mehr unterschiedliche Blickwinkel einzubringen, z.B mit Leuten aus der jüngeren Generation, von Menschen mit Migrationshintergrund und allgemein mehr Diversität innerhalb des Gremiums.
Warum lohnt es sich insbesondere für die jüngere Generation die Hannah-Arendt-Tage zu besuchen und welche Inhalte richten sich an das junge Publikum?
Belit Onay: Besonders empfehlen würde ich den Besuch bei Katarina Barley und den Film „Nahschuss“, dieser ist sehr empfehlenswert. Wichtig ist es für junge Menschen zu realisieren, wie schnell Demokratie sich verändern kann und wie auch Einzelpersonen es schaffen, Menschen so zu mobilisieren, dass sie politisch auf die falsche Spur geraten. Die junge Generation sollte jetzt schon ein Gespür dafür bekommen, wie zerbrechlich demokratische Strukturen sind.
Wie können wir als Jugendliche – meist ja noch ohne Wahlrecht – den aktuellen Krisen begegnen, insbesondere was die Gefährdung demokratischer Strukturen betrifft? Wie können Beteiligungsprozesse für uns junge Menschen konkret aussehen?
Belit Onay: Aus meiner Sicht ist es längst überfällig, dass auch junge Menschen das Wahlrecht bekommen und dass das Wahlalter gesenkt wird. Besonders werden aktuelle Demonstrationen von der jüngeren Generation getragen, beispielsweise die FridaysForFuture oder die BlackLivesMatter Bewegung, die wichtige Impulse in die Politik geben.
Darüber hinaus freut uns euer Interesse an politisch-gesellschaftlichen Veranstaltungen, wie eben die Hannah-Arendt-Tage und dass ihr dort euren Blickwinkel einbringt.
Transkript des Videointerviews und Umsetzung von Noa.
Zur Webseite der Stadt Hannover, Flyer der Hannah Arendt Tage 2022
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