FRAGE: LIEBE FRAU BÄR, SIE SIND DIE STAATSMINISTERIN BEI DER BUNDESKANZLERIN UND BEAUFTRAGTE DER BUNDESREGIERUNG FÜR DIE DIGITALISIERUNG. VOR IHNEN GAB ES DIESES AMT NOCH GAR NICHT – SIE SIND ALSO DIE ALLERERSTE MINISTERIN IN DIESER BRANDNEUEN POSITION. WIE KÖNNEN WIR UNS IHREN BERUF VORSTELLEN?
Antwort Dorothee Bär: Die Digitalisierung ist ein großes Zukunftsthema und hat Auswirkungen auf die Gestaltung fast aller unserer Lebensbereiche. Digitalisierung bestimmt unsere Arbeitswelt genauso wie die Art, wie wir Menschen miteinander kommunizieren. Sie hat Einfluss darauf, wie sich die medizinische Versorgung unser Bürgerinnen und Bürger gestaltet, wie wir uns zukünftig von A nach B bewegen und wie wir lernen werden. Es gibt kaum Lebensbereiche, in denen die Digitalisierung heute keine Rolle spielt.
Digitalisierung ist aber auch ein großes Querschnittsthema, in allen Ressorts der Bundesregierung kümmert man sich um die verschiedenen Aspekte der Digitalisierung. Hierzu gehören der Ausbau der digitalen Infrastruktur, die digitale Bildung, digitale Unternehmen sowie natürlich die IT-Sicherheit. Meine Aufgabe als Staatsministerin für Digitalisierung ist es, die Zusammenarbeit der verschiedenen, zuständigen Bundesministerien zu verbessern und sie zu koordinieren. Aber auch Schnittstelle und Koordination zum Parlament, den 16 Bundesländern und – ganz wichtig – in die Bevölkerung hinein zu sein. Hierdurch soll die Qualität unserer Anstrengungen erhöht und die Zeit für die Umsetzung verringert werden.
Durch die Schaffung dieses neuen Amtes im Bundeskanzleramt wird die Bedeutung und Wichtigkeit des Themas Digitalisierung herausgestellt und diesem Thema schließlich auch eine Stimme gegeben. Mit meiner Arbeit möchte ich den Menschen digitale Themen, die technisch und abstrakt sind, näherbringen und so erreichen, dass hierin vor allem Chancen gesehen werden. Ich möchte damit die Bereitschaft wecken, sich den damit verbundenen Herausforderungen zu stellen.
Beinah alle Schülerinnen und Schüler nutzen Instagram, Snapchat und TikTok. Dürfen Ihre Kinder das auch? Haben Sie Bedenken in puncto Datenschutz?
Antwort Dorothee Bär: Für Grundschüler halte ich es noch nicht für angebracht, dass diese ein eigenes Smartphone und entsprechende Apps nutzen. So hat nur meine Älteste ein eigenes Smartphone, womit diese aber sehr vernünftig umgeht und das bislang bei uns nicht zu Problemen führte. Allerdings kommt es natürlich immer auf das jeweilige Kind an und darauf, was es mit dem Handy und mit dem Rest seiner Freizeit macht. Generell finde ich es wichtig, dass Kinder schon früh mit Technik Kontakt haben.
Schließlich aber muss jede Familie selbst einen Weg finden, wie ein angemessener Umgang mit den sozialen Medien aussehen soll. Ein generelles Verbot von Smartphones für Kinder hielte ich aber für falsch. Es ist wichtig, den Kindern und Jugendlichen die Teilhabe an diesen Formen der Kommunikation zu ermöglichen. Aber genauso wichtig ist es auch, insbesondere bei jungen Menschen, auf die besonderen Schutzbedürfnisse von Kindern und Jugendlichen zu achten. Innerhalb der Familie geschieht dieses durch altersentsprechende Vorgaben und Verabredungen. Der Staat muss die gesetzlichen Rahmenbedingungen schaffen, dass die Rechte von Kindern und Jugendlichen geschützt werden. Das gilt natürlich auch für die Einhaltung des Datenschutzes.
Der Umgang mit elektronischen Medien findet bei Kindern und Jugendlichen permanent statt – selbstverständlich sind diese in den Alltag integriert und haben eine umfassende Bedeutung. SchülerInnen müssen medienkompetent sein, um Medien selbstbestimmt, verantwortungsbewusst und kritisch zu nutzen. Was denken Sie: Sollte ein Unterrichtsfach Digitalisierung bzw. Medienbildung verbindlich ins Schulsystem eingeführt werden?
Antwort Dorothee Bär: In einer Welt, in der die sozialen Medien eine so große Rolle für Kinder und Jugendliche spielen, ist der Erwerb von Kompetenzen zum richtigen Umgang damit von zentraler Bedeutung. Es muss uns allen ein Anliegen sein, sie bestmöglich auf den Umgang mit den sozialen Medien vorzubereiten. Dieses gilt sowohl für den persönlichen, privaten Bereich als auch für den Bereich von Schule und Ausbildung.
In Anbetracht der zunehmenden Durchdringung vieler Lebensbereiche durch die Digitalisierung müssen junge Menschen auf den selbstverständlichen Umgang mit digitalen Techniken und Werkzeugen vorbereitet werden, so dass sie diese als normalen Bestandteil in ihrer Umwelt begreifen. Vor kurzem erst wurde eine Studie der OECD darüber veröffentlicht, welchen Beruf Jugendliche später gerne einmal erlernen möchten. Demnach standen die traditionellen Berufe weit vorne bei den Berufswünschen. Tätigkeiten, die erst mit der Digitalisierung entstanden sind, werden seltener angestrebt als etablierte, traditionellere Berufe. Vor dem Hintergrund der zunehmend digitalen Arbeitswelt muss eine Gesellschaft ein Interesse daran haben, dass auch diese neuen Berufsbilder weit vorne bei den Wünschen junger Menschen rangieren.
LINK ZUR STUIDIE DER OECD: https://www.oecd.org/berlin/presse/jugendliche-sehen-ihre-zukunft-ueberwiegend-in-traditionellen-berufen-22012020.htm
Auch an Schulen wünsche ich mir eine stärkere Digitalisierung. Es ist wichtig, diese Entwicklung als Chance zu verstehen. Es sollte kein Widerspruch sein, dass sich Kinder für Computer interessieren und sich trotzdem altersgemäß entwickeln und verhalten. Man kann auf Bäume klettern und trotzdem eine Programmiersprache können. Deshalb gehört Programmieren in die Lehrpläne der Grundschulen. Es ist ebenso wichtig wie das Erlernen von Lesen und Schreiben. Genauso sollte es Digitalgymnasien geben, so wie es Sport- und Musikgymnasien gibt. Tablets sollten kein Privileg nur von Kindern in Privatschulen sein, sondern müssten zu einem normalen Hilfsmittel in der schulischen Bildung werden.
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