Rusałka – Stumm, aber voller Gefühl

“Ich liebe dich.“ Drei kurze Worte, aber mit großer Bedeutung, die meistens schwer von den Lippen kommen. Doch wie kann ich diese Botschaft vermitteln, wenn ich wortwörtlich sprachlos bin? In einem bekannten Song von Tim Bendzko heißt es im Refrain: „Mir fehlen die Worte ich, hab die Worte nicht, dir zu sagen was ich fühl’“ Dieser Satz veranschaulicht die problematische Gefühlslage von Rusałka. Sie kann unmöglich zu ihrem Geliebten durchdringen, da sie zum Stumm sein verdammt ist.

Einst war Rusałka eine Wassernymphe und schwamm mit ihren Schwestern im See herum. Doch im Gegensatz zu den anderen war sie voller Trauer und äußerte beim Wassermann einen sehnlichen Wunsch. Sie möchte Menschengestalt annehmen, um bei dem Prinzen zu sein, den sie liebt. Der Wassermann warnt die Verliebte vor der Menschenwelt, vor ihrer Gier. Doch vergebens, Rusałka lässt sich nicht abschrecken.Von Mitleid gerührt, rät er ihr schließlich, sich an Ježibaba zu wenden, bevor er wieder in den Tiefen des Wassers verschwindet. Die Hexe erfüllt ihr den Wunsch, unter einer Bedingung: Sie muss den Menschen stumm bleiben. Sollte sie es nicht schaffen das Herz des Prinzen zu erobern, muss sie ins Wasserreich zurückkehren und ihm das Leben nehmen.

Als der Prinz sich bei einer Jagd verirrt, findet er die schöne Rusałka am Ufer des Sees wieder und nimmt sie mit auf sein Schloss, um sie zu heiraten. Die Bediensteten und Gäste beäugen die eigenartige, unbekannte Braut mit Misstrauen. Durch die kalte Ausstrahlung und Rusałkas Schweigen, fühlt sich der Prinz unverstanden und wendet sich einer fremden Fürstin zu. Er scheint zu merken, dass die Liebe kalt geworden ist, wie das Wasser. Als Rusałka die Untreue ihres Geliebten bemerkt, bricht es ihr auf der Stelle das Herz. Sie will zurück in die Wasserwelt, die verlogenen Gefühle ertränken. Rusałka begibt sich zum Wassermann, um Trost zu suchen und erhält ein Geschenk: Den Klag ihrer Stimme. Als der Prinz mit der Fürstin erscheint, versucht Rusalka ihn für sich wiederzugewinnen, doch vergebens. Der Wassermann zieht Rusałka mit sich fort. Der Prinz ist über die Herkunft seiner Rusalka schockiert. Die boshafte Lache der fremden Fürstin erschallt im Schloss. Sie lacht über ihr gewonnenes Liebesspiel. Der Prinz bleibt nun allein zurück, weil auch die Fürstin ihn verlässt. Für sie war alles nur eine bedeutungslose Verführung.

Rusałka ist zwischenzeitlich aus dem Kreis ihrer Schwestern verbannt worden und beklagt sich über ihr Schicksal. Sie kann nur noch als todbringendes Irrlicht umherwandern. Deswegen rät ihr die Hexe, den Prinzen zu töten, um sich von ihrem Leid zu befreien. Doch sie kann diese Tat nicht übers Herz bringen, da sie ihn immer noch liebt. Ein Jäger und ein Küchenmädchen treten bei der Hexe Ježibaba vor und bitten um ein Gegenmittel für ihren von einer stummen Frau verhexten und trauernden Prinzen. Doch sie werden von dem Wassermann vertrieben. Von Sehnsucht getrieben, begibt sich der Prinz selbst zum Ufer, um seiner Rusalka um Vergebung zu bitten. Rusałka, die ihn immer noch liebt, warnt ihn, dass ihr Kuss tödlich für ihn enden wird. Doch der Prinz ist überglücklich seine Geliebte wiederzusehen und küsst sie. Er blickt dem Tod ins Gesicht und stirbt in ihren Armen. Rusalka wird dadurch nicht erlöst und bleibt als Irrlicht verdammt, um den Menschen den Tod zu bringen. Nur eins bleibt ihr: Der Wassermann zieht am Ende einen Fötus aus der Jacke des Prinzen.

Die Welt, Rusałkas Hin- und Her, zwischen der Oberfläche und dem Wassergrund wurde geschickt durch eine große Wendeltreppe auf der Bühnenmitte veranschaulicht. Für die Wassernixe gab es entweder nur einen Weg nach oben, oder nach unten. Die kalte, leblose Atmosphäre wurde durch das Bühnenbild erzeugt, dass an eine alte leerstehende Fabrikhalle erinnert hat. Passend ergänzt durch die sterilen Krankenliegen und weißen Masken an den Wänden.

Durch die überzeugende, schauspielerische Leistung konnte man sich gut in die Situationen der Figuren hineinversetzen. Ein Einblick in die Gefühlslage war dadurch auch möglich. Anzumerken ist allerdings, dass der Fokus zu sehr auf Rusalka gelenkt wurde, wodurch ein starkes Abhängigkeitsverhältnis zu den anderen Figuren entstand. Das Orchester überzeugte ebenfalls. Die Schlaginstrumente unterstrichen die Dramatik, die Harfe erinnerte durch das leise Zupfen an die Wasserwelt.

Dass die Inszenierung der Staatsoper Hannover gelungen ist, war nicht zu überhören. Ein langandauernder, kräftiger Applaus und Jubelrufe zeugen von einer mehr als gelungenen Vorstellung. Nicht ohne Grund ist „Rusałka“ einer der bekanntesten und beliebtesten tschechischen Opern. Aber vielleicht ist es genau das, was die Menschen bewegt. Der seidene Faden zwischen Liebe und Hass, Leben und Tod, der jederzeit reißen kann.

Bildquelle: Jauk

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von Anders Noren.

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