Interview mit Doris Olbeter vom Niedersächsischen Landesamt für Denkmalpflege

Denkmalpflege ist eine hoheitliche Aufgabe der Bundesländer – wie z.B. auch bei allen Angelegenheiten rund um das Thema Schule und Bildung – für die die Bundesländer spezielle Fachbehörden (=Landesamt) mit besonderem Fachkenntnissen einrichten.

Also ‚Niedersächsisches‘ steht für das Bundesland, ‚Landesamt‘ steht für ein Fachbehörde mit einer speziellen Aufgabe, hier die kulturelle Aufgabe ‚Denkmalpflege‘. 

Denkmalpflege umschreibt das Erfassen, Erforschen, Pflegen, Instandhalten und Nutzen von besonders wertvollen Bauwerken, die eine geschichtliche, eine künstlerische, eine städtebauliche oder eine besondere Bedeutung in Zusammenhang mit einer historischen Person haben, die für unsere Gesellschaft Herausragendes geleistet hat.

Welche Aufgaben gehören zum Niedersächsisches Landesamt für Denkmalpflege und wie werden diese durchgeführt?

Das Landesamt ist eine außeruniversitäre (also nicht einer Universität oder Hochschule angegliederte) Forschungseinrichtung, die alles Wissen über oberirdisches (Bau- und Kunstdenkmalpflege) und unterirdisches (Archäologie) von Menschen Erschaffenes/Gebautes in Niedersachsen sammelt (inventarisiert), beschreibt (dokumentiert), pflegt/erhält (restauriert) und es allen Menschen berichtet (publiziert).

Die Arbeit findet meistens vor Ort am Objekt/Gebäude statt.

Da gibt es Kollegen und -innen, die nur inventarisieren und dokumentieren. Andere sind sind nur beratend für die Eigentümer tätig, die ein Baudenkmal bewohnen oder nutzen wollen, damit alle Arbeiten so geschehen, dass das Baudenkmal unbeschadet erhalten bleibt, eine Nutzung für alle angemessen ausgeführt werden kann und steuerliche Vorteile sowie in Einzelfällen auch finanzielle Zuschüsse gewährt werden können. In der Archäologie geht es meist darum die Zerstörung zu verhindern oder mit einer ‚Notgrabung‘ wenigstens die vollständige Kenntnis über das Objekt zu dokumentieren, wie z.B. beim Bau von Autobahnen, der Gaspipline u.ä.

Dann gibt es Kollegen und-innen, die Malereien auf Wänden, auf Holz oder anderen Untergünden, alten Stoffen, altem Papier, Skulpturen aus Holz und Stein sichern, in dem sie sie säubern, pflegen, erforschen, manchmal ergänzen und dies alles auch dokumentieren, damit freiberufliche Restauratoren diese Erkenntnisse für Ihre Arbeit nutzen können.

Wiederum andere sammeln (archivieren) alte Zeugnisse in Form von Zeichnungen, Fotos und vielem mehr, um das Wissen, wie es einmal war, zu behalten.

Wie läuft eine Denkmalpflege ab?

Archäologie: 

es wird eine Trasse für das Stromkabel aus dem Windpark festgelegt. Auf dieser Strecke befinden sich aber einige Hügelgräber. Die Archäologen werden dann in Zusammenarbeit mit den Planern der Trasse eine Lösung suchen und finden, dass die Trasse gebaut werden kann und die Hügelgräber erhalten bleiben oder mit einer Notgrabung dokumentiert werden.

Baudenkmalpflege: 

In einem schönem alten Wohn- und Geschäftshaus mitten in der Stadt soll umgebaut werden. Die Wohnung soll ein modernes Bad und ein Aufzug erhalten und das Geschäft soll umgebaut werden. Dafür ist eine denkmalrechtliche Genehmigung erforderlich. Hier beraten die Kollegen und-innen, damit die denkmalrechtliche Genehmigung zu den Arbeiten gegeben werden kann.

Restaurierung:

Auf einem Speicher wird eine hölzerne Skulptur gefunden, Teile fehlen, Spaxschrauben halten sie zusammen, die Farbe ist an vielen Stellen lose oder ganz abgeblättert. Aber es sieht irgendwie sehr alt aus, und es sind viele Farbschichten erkennbar. Die Restauratoren werden nun herausfinden, wann, wie und wofür dies Objekt entstanden ist. Fehlerhaftes ändern, manches ergänzen, anderes als beschädigt belassen und sichern.

Gartendenkmalpflege:

Für einen gewerblichen Sandabbau müsste ein Park, der als Landschaftsgarten vor 200 Jahren angelegt wurde, aufgegeben werden. Hier wäre zu entscheiden was mehr Gewicht hat: die Bewahrung des historischen Parks, der heute eine öffentliche Grünfläche und damit ein Naherholungsgebiet ist oder die Ausbeutung des Bodenschatzes. Wie können ggf. sogar beide Interesse mit neben einander Bestand haben.

Wieso gibt es eine Denkmalpflege überhaupt?

 Eine sehr gute Frage. Denkmalpflege ist kein Selbstzweck für ein paar wissenschaftlich arbeitende Menschen, die den Bezug zur aktuellen Lebenswirklichkeit verloren haben, sondern eine Verantwortung für kulturelle Kompetenz. Denkmalpflege sollte selbstverständliches Gedankengut sein und daher gibt es sie, weil wir nur so unsere Geschichte, das kulturelle Erbe und somit einen Teil von unserer Identität vor unserer Haustür für alle Generationen bewahren können. Erst wenn man etwas wertschätzt, wird man es selbstverständlich erhalten wollen.

Wieso machen Sie bei der Akademie der Spiele mit?

Bei den ganzen Anlagen in Herrenhausen handelt sich in jedem Bereich (drei Gärten) und bei allen Objekten (Gebäuden, Skulpturen usw.) um Baudenkmale. Garten, Gebäude, Skulpturen, selbst die große Fontäne ist ein technisches Denkmal. Was liegt da näher als das die Denkmalpflege aktiv die ‚Akademie der Spiele‘ unterstützt und sogar selber zwei Workshops für die Themen Garten und Architektur anbietet.

Mit dem Programm ‚Denkmal an schule‘ bietet das Landesamt zu verschiedenen Themen und für alle Altersgruppen Jugendlichen Projekttage an, um allerlei über ihre historische gebaute Umwelt und deren Besonderheiten zu erfahren, um das Kulturerbe zu erkennen – Wert zu schätzen.

Wieso sollten sich junge Leute bzw. Schüler für diesen Bereich interessieren?

Auch eine sehr gute Frage, die ich allerdings z.T. bereits mit den anderen Antworten schon erörtert habe. 

Daher hier eine Zusammenfassung: 

In der heutigen sehr schnell lebigen Zeit, die überwiegend digital bestimmt ist und damit grenzenlos, ist es um so wichtiger den Blick auf die eigene Umwelt zu lenken. Ihr seit die Kulturerben von morgen und Ihr müsst daher diese Qualitäten erkennen können, um zu entscheiden, was wie zu bewahren ist. Wir sprechen deshalb hier von Denkmalschutz, der einen genauso wichtigen Beitrag wie Umweltschutz und Naturschutz ausmacht. Nur das Bewahrte kann für Euch eine zu gestaltende Zukunft ermöglichen.

Welche großen Projekte haben Sie in naher Zukunft geplant?

Da Ihr ja nicht mich persönlich mit meinem Aufgabenbereich der Vermittlung und Öffentlichkeitsarbeit in der Denkmalpflege meint, werde ich kurz auch über das NLD berichten:

Das Thema Vermittlung hat eine sehr hohe Priorität. 

In meinem Tätigkeitsfeld gibt es bereits etliche Angebote. Angefangen bei den Kindergartenkindern folgen die Grundschüler der dritten und vierten Klassen, dann die siebten bis neunten Klassen bis zu in den 11.Jahrgang. Die Projektangebote umfassen Fachwerk, Gärten, Architektur bis Archäologie. Dies soll möglichst weitläufig viele KiTa’s und Schulen im Flächenland Niedersachsen erreichen. Eine logistische Herausforderung, die zudem überzeugende Kompetenz erfordert.

Es wird kurzfristig einen Denkmalatlas geben, in dem man sich über die große Vielfalt der niedersächsischen Hauslandschaften, der kulturellen Besonderheiten und über die vielen Funde der Archäologie informieren kann. 

Die Adabweb ist die digitale Erfassung aller denkmalpflegerischen Objekte und wird für alle Nutzer online gehen. Zur Zeit ist sie nur für das Partnerfeld der kommunalen Behörden einsehbar.

Von Kassandra Stephan.

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