Interview mit Friederike Bill und Lena Marie Kütting vom Historischen Museum

Ein Interview von Marie und Helena.

Bitte erzählt etwas über euch:

Ich bin Friederike Bill, ich bin Kulturvermittlerin. Ich habe in Braunschweig meinen Bachelor in Kunstwissenschaft und Geschichte gemacht, deshalb bin ich auch zum Historischen Museum gekommen, wegen dem Geschichtsschwerpunkt. Ich studiere jetzt im Master Kulturvermittlung in den letzten Zügen .
Was ist Kulturvermittlerin? Das ist Führungen geben, Projekte ausdenken und Projekte realisieren, also Kulturprojekte im Speziellen.

Ich bin Lena Marie Kütting, ich habe im Bachelor auch Geschichte bzw. Politikwissenschaften studiert und hier in Hannover Atlantic Studies gemacht, das kennt keiner eigentlich, das ist sozusagen disziplinär, das heißt ich bin Soziologin und Historikerin. Darüber bin ich im Historischen Museum gelandet. Der typische Hintergrund, das man als Historikerin versucht das eigene Wissen zu vermitteln und Geschichte lebendig zu machen. 

Wie lange macht ihr beide den Beruf bzw. wie lange seid ihr schon hier?

Friederike: Ich bin seit 2017 hier beim Historischen Museum und arbeite seit meinem Studienanfang praktisch nebenbei in kulturellen Sachen, das heißt, Ausstellungen realisieren oder Projekte auf die Straße bringen, interaktive Sachen machen, Führungen geben in Museen und in anderen kulturellen Institutionen, für kulturelle Vereine arbeiten. Das mache ich seit 2013. 

Lena: Ich habe mit Friederike hier angefangen, ich hatte einen anderen Schwerpunkt, habe aber auch vermittelt im Thema Zwangsarbeit im 3. Reich. Hier habe ich jetzt einen anderen Schwerpunkt.

Was sind eure Haupttätigkeiten hier im Museum?

Friederike: Vor allem sind es Kindergeburtstage, im Winter auf jeden Fall. Da geht es darum, zwei Stunden mit Kindern Spaß zu haben und trotzdem historische Kontexte zu vermitteln.

Das geht von Torwachen, Was sind Torwachen? Was haben die gemacht? bis hin zu Märchen, die dann irgendwie eingebettet werden für kleinere Kinder. Wir gucken uns aber auch die Hygiene an, wir gucken uns die Stadtentwicklung an in verschiedenen interaktiven Formen. Wir machen eine Rallye durch die Altstadt und gehen dort an verschiedene Orte, wo wir bei der Hygiene Seife selber machen.

Lena: Klassische Führungen kann man sagen, teilweise auch mit Arbeitsschwerpunkt, wenn wir SchülerInnengruppen haben, dann mit dem Hintergrund, dass wir aktiv mehr Lernmaterial vermitteln.

Bei Erwachsenenführungen ist es natürlich mehr die dialogische klassische Führung, bei der wir Inhalte vermitteln im Sinne der Ausstellung ohne Arbeitsanweisungen. 

Friederike: Das gute daran ist vielleicht, dass wir eine Vorgabe haben, das muss mit rein und trotzdem relativ frei darin sind, es umzusetzen. Es gibt natürlich auch einen Ablaufplan in diesen Führungen und auch eine gewisse Taktik. Man muss in verschiedenen Zeiten fertig sein, weil sonst schafft man das Thema nicht in der gesamt Zeit. Aber es ist flexibel zu gestalten und man kann mal tauschen und sagen, ich ziehe das vor und das andere mache ich dann zum Schluss.

Wie seid ihr beide auf den Beruf gekommen?

Friederike: Bei mir war es so, dass meine Mama wollte, dass ich etwas bei der Sparkasse mache, das wollte ich gar nicht. Ich habe mir das Gegenteil ausgesucht, weil, in der freien Kulturszene zu arbeiten und Projektförderungen zum Beispiel zu beantragen und dadurch verschiedene Projekte zu realisieren, etwas was nicht sicher ist, also du kannst nie sicher sein, ob du jetzt im nächsten Monat das gleiche Geld hast wie im Monat davor.

Aber trotzdem reizt es mich unheimlich und der Beruf ist nicht aus dem Spaß heraus entstanden, sondern aus Spaß an der Arbeit mit verschiedenen Leuten, mit verschiedenen Kulturen. Da ist einfach so ein großes Interesse daran, in den Austausch mit Menschen zu gehen und auch in den Austausch zwischen den Kulturen. Vor allem auch relevante kritische Themen zu bearbeiten, das hat mich zu dem Beruf geführt und trotzdem wollte ich auch aktiv und kreativ tätig sein und das ist in diesen Kulturvermittlungsbereich ganz wichtig.

Lena: Ich kann gar nicht mehr so viel ergänzen. Bei mir liegt es auch daran, dass ich ganz viel Lust hatte mich neben dem Studium auszuprobieren. Was gibt es so für Berufsfelder? Was kann ich mir anschauen? Dadurch bin ich auch in der Vermittlungsarbeit angekommen und es macht auch sehr viel Spaß, allein schon dadurch das Geschichte ja immer so etwas Ominöses, Trockenes für die meisten Leute.

Dadurch habe ich gelernt, dass es viel an der Vermittlungsart liegt, wenn z.B. Leute ins Museum kommen müssen und dann eher so gelangweilt sind, habe ich gemerkt, dass ich mehr Spaß daran haben muss bzw. mehr Lust daran haben muss das ganze System mal von innen umzukrempeln und mal zu schauen, wie typenabhängig das Ganze eigentlich ist, wie kann man für einzelne Menschen Geschichte lebendig gestalten , so dass sie mit einem positiven Gefühl zurück kommen und das Gefühl haben, dass sie etwas wirklich Weiterbringendes gelernt haben. 

Friederike: Was vielleicht noch wichtig ist, die Arbeit, die wir machen, ist nicht nur praktisch, grundsätzlich ist es viel Schreibtischarbeit. Da ist es mal ein guter Ausgleich in die Vermittlung, in Projekte und in die aktive Kooperation und Kommunikation mit Menschen zu gehen. Damit man nicht nur so ein Schreibtischmensch wird. Dafür sind wir beide nicht der Typ.

Was gefällt euch an eurem Beruf am meisten?

Friederike: Mir gefällt das ich flexibel meinen Tag planen kann, auch wenn es manchmal echt viel ist und man einen Termin nach dem anderen hat, es trotzdem so ist, dass ich machen kann, was ich sehr sehr mag.

Es ist so, dass ich mit vielen Menschen in Berührung komme, ich viel Neues lerne, ich lerne ständig Neues dazu, es gibt keinen Tag, an dem ich nicht lerne und ich glaube das ist das, was ich am meisten mag.

Lena: Bei mir ist es auch die Flexibilität, dieses individuelle Erweitern von meinem eigenen Erfahrungshorizont. Wie Friederike gerade schon gesagt hat, dass man jeden Tag mit vollkommen anderen Menschen zusammen ist in Führungen oder Geburtstagen.

Man hat viel Input von außen, worüber man vorher noch nie so richtig drüber nachgedacht hat, über einige Themenfelder. Das finde ich schon echt schön.

Friederike: Klar gibt es immer gute Sachen an dem Beruf, sonst würden wir ihn beide nicht machen.
Er erfordert viel Eigenengagement und man kommt ohne Engagement in dem Bereich nicht weit. Manchmal ist es richtig viel Arbeit, aber es lohnt sich zum Schluss.

Lena: Es kann aber auch frustrierend sein. Ich hatte da auch schon unangenehme Begegnungen mit Personen, mit denen ich nichts zu tun haben wollte. Es kann immer mal so sein, wenn man auf andere Menschen trifft , dass ich mit denen in einer Führung bisschen Reibung habe, weil man dort unterschiedlich Einstellungen hat. 

Was kann man hier alles im Historischen Museum werden? 

Friederike: Was für euch am nächsten liegt wäre ein FSJ.

Das ist ganz spannend, da kann man ein Jahr Einsicht in den Kulturbereich hier im Museum bekommen, man kann natürlich nicht nur ins Historische Museum gehen, der Kollege, der das hier betreut, der ist ganz nett, da hat man ganz viel zu tun, kann praktisch sehr viel arbeiten und es gibt verschiedene Bereiche. Es gibt die Leute, die die Ausstellung machen, das sind die Kuratoren, Kunstlotsen, dann gibt es noch den Restaurator/in. Man kann auch in der Vermittlung arbeiten, wie wir und dann eben im Bereich Bildung und Kommunikation arbeiten, dass ist dann Führungen und Ausstellungen durchführen.

Es gibt Leute in der Öffentlichkeitsarbeit, die machen Werbung für Ausstellungen, wer auch noch wichtig ist, sind die Handwerker, die bauen dann die Ausstellung auf. Es gibt Leute, die an der Kasse sitzen, die Leute, die bei der Ausstellung aufpassen, dass nicht jeder das Bild andauernd anfasst, Aufsichtspersonal. Im Archiv kann man auch arbeiten. Und es gibt in manchen Berufen auch noch Spezialisierungen. Manche Leitpositionen sind auch an der Uni und arbeiten manchmal als Dozent.

Lena: Man kann auch in den Verwaltungsapparat gehen, eine Bibliothekarin und wir haben auch noch Reinigungspersonal. 

Wie seid ihr dazu gekommen, an der Akademie der Spiele teilzunehmen?

Friederike: Das wurde bei uns in einem Team-Meeting vorgestellt und dann hieß es “wer hat Lust dazu, dass zu machen?” Da wir beide eh so in dem Bereich die meisten Führungen machen, war das für uns gar keine Frage. Es ist auch das Thema Barock und es war einfach so, ja das machen wir, haben wir Lust drauf, es ist ein tolles Projekt und wir sind dabei. 

Was ist die Epoche Barock überhaupt – wie würdet ihr diese erklären?

Lena: Das ist ein Zeitalter, ein historischer Abschnitt, der besonders eigenwertig und berühmt ist, durch die Mode, die modischen Ausprägungen sozusagen und es ist natürlich noch etwas, was wir heutzutage auch ganz gerne im Geschichtsunterricht ganz beiläufig erwähnen, dass der Absolutismus, also die großen Herrscher aus dem Barock gegenwärtig sind, wir immer Kleidung und bestimmte individuelle Personen also Herrschende haben. Das ist so das, was wir unter Barock verstehen. Eine Zeitepoche. Und ich beschränke es nur auf Europa, es ist keine weltweite Zeitepoche, sondern nur in der europäischen Zeitgeschichte.

Wie waren die Herrscher zu der Zeit drauf in Hannover ? 

Friederike: Man kann nicht richtig sagen, wie die drauf waren, es gab strenge Konventionen, denen sie unterlagen. Es war nicht so wie heute ist, dass man einfach sein kann, wer man möchte, heute sind wir alle frei und dürfen sein, wer wir möchten und dürfen unsere Ideen so realisieren, wie wir wollen und werden auch so erzogen, dass wir alle Möglichkeiten haben.

Das war früher nicht so, da gab es ganz andere Auflagen für die Erziehung oder auch für das Verhalten, dass die Leute an den Tag legen mussten. Sie wurden auch familienintern verheiratet, dass man dann den Cousin heiratet, war sehr gängig. Das ist heute absolut nicht vorstellbar, deswegen, wie die so drauf waren, dass kommt so auf Geheimnissen ein bisschen raus oder in versteckten Storys, weil in der Öffentlichkeit gab es ein Gesicht, was sie zeigten und das war es und alles darüber hinaus ist privat und darüber wurde nicht gesprochen und wurde auch wenig überliefert.

Lena: Wobei wir bei Herrschern den Vorteil haben, dass sie schreiben konnten und hatten zumindest Briefwechsel, wobei das auch Personen gewesen sind, die als Privatperson oder im familiären Kontext standen. Gerade die Töchter wurden europaweit verheiratet, also seine Schwestern hat man dann auch nicht mehr wiedergesehen, das heißt, dass man dort familiären Austausch über Briefe hatte und dadurch hatten wir dann auch deutlich mehr Quellen.

Friederike: Was ich mir noch vorstellen könnte, dass die das alles gar nicht so toll fanden – also sie haben ziemlich gestunken, kann man so sagen, sie waren zwar alle schick angezogen, aber irgendwie war es eher so Prunk nach außen, aber trotzdem nach innen vielleicht etwas schwieriger, als man sich das vorstellen mag.

In was für einer Form findet man den Barock im Historischen Museum?

Friederike: Man findet es aktuell in den Führungen, wir haben eine spezielle Führung „Leben im Barock“, dort haben wir ganz ganz viele Kostüme und es gibt diese Hygiene-Geschichte, die behandelt wird. Das ist gerade das Hauptaugenmerk, das man zum Barock hier im Museum findet. Sonst sind noch Kostüme ausgestellt und natürlich auch die Herrschaftsgeschichte rund um Hannover.

Lena: Im Schloss Herrenhausen ist der Barock deutlich gegenwärtiger, dort haben wir die ganzen Herrschenden portraitiert und unten haben wir dann noch eine Schatzkammer, die thematisch den Barock aufgreift. Wir haben den Barock noch deutlich anfassbarer, aber nur im Schloss Herrenhausen. 

Wer war der Herrscher in Hannover zur Barockzeit?

Lena: Es war ein ein längerer Zeitraum, also gab es auch mehrere Herrscher. Der berühmteste war Ernst August, natürlich auch Georg der I., der auch König von Großbritannien wurde durch ein paar sehr unglückliche Erbfälle und auf einmal hatte er die Krone.

Also Georg der I. und Georg der II.: sie waren die großen Herrscher hier in Hannover. 

Könnt ihr uns ein Highlight nennen, das in der Woche passieren wird ? 

Friederike: Ich glaube unsere ganze Woche wird ein Highlight, das Highlight wird wahrscheinlich die Präsentation und überhaupt darauf hinzuarbeiten.

Wir wollen uns mit den Herrschern beschäftigen, mit diesen Hintergründen, wie waren die tatsächlich drauf, was hat die so ausgemacht und was ist da auch mal abseits des öffentlichen Bildes passiert und das wollen wir darstellen und dafür haben wir uns eine ganz besondere Form überlegt. Mehr verraten wir nicht.

Was erschaffen wir in der Woche?

Friederike: Wir erschaffen etwas Stilles, aber zugleich auch Lebendiges.

Was erhofft ihr euch von der Akademie der Spiele?

Friederike: Ich glaube, wir erhoffen uns vor allem, dass ihr, also die Gruppe, die daran teilnimmt, Spaß daran hat, daraus viel mitnehmen und das eine tolle Zeit miteinander haben, dass für jeden dabei ein Mehrwert rauskommt. 

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von Anders Noren.

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