Weltenbummler und Ernährungsexperte – das Interview mit Stefan Maaß

Ein Interview von Natascha und Sadaf

Könntest du dich kurz vorstellen?

Gerne, mein Name ist Stefan, ich bin jetzt im achten Jahrgang Stammlehrer, das heißt seit vier Jahren hier an dieser Schule, war vorher an der IGS Wunstorf und ja bin ganz gerne hier.

Was wolltest du als Kind werden? 

Das hat immer gewechselt, also ich hatte da vielfältige Interessen. Journalismus hat mich aufjedenfall interessiert, Architektur fand ich reizvoll, auch Medizin, bin dann aber im kaufmännischen Bereich gelandet.  Habe da eine Ausbildung gemacht und habe da aber gemerkt, dass es auf Dauer nicht so mein Ding ist, weil ich da viel am Schreibtisch sitzen muss und wollte irgendwie mehr Bewegung und Abwechslung haben und bin dann darauf gekommen, Lehrer zu werden. Ich habe dann nach der Ausbildung mein Abitur noch gemacht und anschließend das Studium als Lehrer. 

Wenn du einen Moment in der Kindheit oder Jugend rückgängig machen könntest, welcher wäre es?

Das ist eine schwierige Frage. Ich glaube ich hätte so bisschen früher für mich die Verantwortung übernommen, also ich habe schon relativ lange gebraucht halt zu merken, dass ich das selber auch bestimme was ich mache und auch in der Schule nicht immer das gemacht, was da von mir verlangt  wurde. Da hätte ich, glaube ich etwas früher vielleicht meinen eigenen Weg finden können und selber Verantwortung übernehmen sollen. Also ich kann nicht konkret sagen das und das würde ich rückgängig machen.

Du bist Leiter des WPKs „Gesunde Ernährung“, was ist deiner Meinung nach notwendig für eine ausgewogene, sogenannte gesunde Ernährung?

Ja, dass man erstmal mit einem guten Frühstück anfängt, das ist so ein Thema, was auch für die Schüler interessant ist, da wirklich morgens irgendwie Rituale zu finden, dass man auch vernünftig isst. Das beobachte ich halt immer, dass Schüler ohne Frühstück zur Schule kommen oder kein Hunger haben, auch vor dem Sportunterricht teilweise noch gar nichts gegessen haben. Deshalb finde ich es wichtig, dass man feste, regelmäßige Zeiten hat und natürlich auch, dass man Spaß am Essen hat. Das probieren wir auch im WPK zu machen, dass man Gerichte kocht und auch Spaß am Kochen und gemeinsamen Essen wiederfindet und nicht an dieser schnellen Esskultur, dass man schnell irgendwo was isst, sondern sich auch Zeit fürs Essen nimmt. 

Laut der Deutschen Gesellschaft für Ernährung e.V (DGE) sind zehn Regeln zu befolgen, um dem Begriff der gesunden Ernährung gerecht zu werden. Das oberste Gebot ist die Nutzung der Lebensmittelvielfalt, denn es gilt je abwechslungsreicher das Essen ist, desto geringer ist das Risiko von Mangelerscheinungen. Neben dem täglichen Genuss von 3 Portionen Gemüse und 2 Portionen Obst wird eine Trinkmenge von 1,5 Liter (Wasser oder ungesüßte Getränke) empfohlen. Des Weiteren gilt die Reduzierung von Salz und Zucker sowie der mäßige Verzehr von Fisch und Fleisch, welcher sich auf 300 bis 600 Gramm pro Woche beläuft. Doch auch Bewegung und die Essgeschwindigkeit sind wichtig. Langsames und bewusstes Essen fördere den Genuss und das Sättigungsgefühl und täglich 30 bis 60 Minuten körperliche Aktivität fördere die Gesundheit. https://www.dge.de/ernaehrungspraxis/vollwertige-ernaehrung/10-regeln-der-dge/

Fettleibigkeit ist ein ständiges und weitverbreitetes Problem vieler Bevölkerungen. Wie stehst du dazu und was sind deiner Ansicht nach die Gründe und Ursachen für dieses Problem?

Das muss man sich natürlich immer genau anschauen, ich denke dass gerade in den letzten Jahren oder gerade auch bei euch eher da eine Umkehr stattfindet. Ich merke das auch gerade im WPK, dass sich viele Jugendliche mit dem Thema auseinandersetzen und sich gesund ernähren wollen, sprich ein bisschen vom Fast Food wieder wegkommen. Ich denke, dass es aufjedenfall auch damit zu tun hat, dass das Essen seinen Stellenwert zum Teil verloren hat. Also, dass es eher darum geht sich schnell irgendwo einen Döner oder einen Hamburger zu holen, statt sich bewusst mit Ernährung auseinanderzusetzen. Dann gehört natürlich auch noch Bewegung dazu, die Bewegungsräume für die Jugendlichen werden auch immer enger durch die Städte und – Sport ist auch das dritte Fach, was ich mache – da denke ich, dass fehlende körperliche Aktivitäten meist auch wegen des Mangels an Angeboten für Jugendliche, eine Rolle spielt bei der Problematik.

Die WHO (Weltgesundheitsorganisation) vergleicht seit 2012 alle drei Jahre für den „Europäischen Gesundheitsbericht“ Daten von 900 Millionen Menschen in 53 Ländern. Aus diesem Vergleich geht hervor, dass  Fettleibigkeit sich nicht nur in Staaten wie den USA oder Mexiko, sondern auch in Deutschland zunehmend zu einer Volkskrankheit entwickelt. Ausgehend von der Body-Mass-Klassifizierung der WHO gelten 49% der deutschen Frauen und 65% der deutschen Männer als übergewichtig. Besonders Kinder und Jugendliche sind von Übergewicht betroffen, 9% der 3- bis 6-Jährigen, 15% der 7- bis 10-Jährigen und 17% der 14- bis 17-Jährigen leiden an Übergewicht. Die Ursachen liegen hauptsächlich in einer stark kalorienreichen Ernährung und in  Bewegungsmangel, aber auch Stoffwechselprobleme können Übergewicht verursachen. https://www.welt.de/gesundheit/article181498488/Uebergewicht-WHO-Studie-Deutsche-Maenner-werden-immer-dicker.html

Zucker verursacht nicht nur Diabetes und Zahnprobleme, sondern auch viele weitere mit Übergewicht verbundene Krankheiten. Diese sollen künftig mit einer staatlichen Zuckersteuer reduziert werden, was hältst du davon?

Es ist ja die Frage wofür man die Steuer einsetzt, also eine Steuer hat insofern den Zweck, dass Geld auch wieder umzuverteilen. Das bedeutet, wenn man das Geld aus solch einer Steuer einsetzt, um über Ernährung aufzuklären oder Sportangebote und irgendwie Bewegungsparks für Jugendliche zu schaffen, dann stehe ich dem da prinzipiell ganz gut gegenüber. Man muss natürlich auch bedenken, wie die Industrie mit sowas umgeht, also inwiefern wirkt sich das dann auch auf den Verbraucher aus. Ob es vielleicht auch nicht mehr Sinn macht die Produkte erstmal anders darzustellen, weil ich glaube das ist auch ein Problem, dass man teilwiese gar nicht weiß was in den Produkten drin ist und die Verpackung zu lesen ist ja auch nicht immer so einfach, da gibt’s ja auch immer mal Verstöße. Es gibt ja auch die Ernährungsampel, also dass man da Produkte deklariert, vielleicht macht das auch Sinn eher in Richtung Aufklärung zu gehen, anstatt nur über eine Steuer zu probieren, das Problem zu lösen. 

 Die WHO (Weltgesundheitsorganisation) appeliert an die Regierungen, zuckerhaltige Getränke mit einer Zuckersteuer von mindestens 20 Prozent des Verkaufspreises zu belegen. In einigen Ländern wie in Irland, Portugal, Estland, Belgien, Norwegen, Mexiko, Südafrika, Frankreich und Großbritannien gibt es bereits Steuern auf Produkte, die Fehlernährung, Fettleibigkeit und Diabetes fördern. Nun wird das Konzept der Zuckersteuer in Deutschland diskutiert. Die Zuckersteuer solle die Menschen davor abschrecken, zuckerhaltige Produkte zu kaufen. Besonders davon betroffen, wären z.B. Kinder, Jugendliche und einkommensschwache Erwachsene, denn diese konsumieren laut Studien am meisten Zucker. Allein in einem 0,25-Liter-Glas Cola befindet sich 27 Gramm Zucker (etwa 7 Zuckerwürfel), diese Menge entsrpicht laut WHO dem idealen Tageskonsum an Zucker (ca. 25g pro Tag).  Auch mehrere Ärzteverbände fordern eine Zuckersteuer, doch die Bevölkerung zeigt bisher keine große Zustimmung. Einer Umfrage zufolge lehnen 49% eine Steuer auf stark gezuckerte Getränke strikt ab. 44% wären tendenziell dafür. https://www.sueddeutsche.de/gesundheit/ernaehrung-was-wuerde-eine-zuckersteuer-bewirken-1.3206627 https://www.ndr.de/ratgeber/gesundheit/Suesse-Getraenke-Ist-eine-Zuckersteuer-sinnvoll,zucker578.html

Viele Menschen verzichten auf Fleisch oder ganz auf tierische Erzeugnisse. Ist eine vegetarische oder vegane Ernährung zwangsläufig gesünder als eine „normale“ Ernährungsweise?

Kann ich schwer beurteilen, da müsste man Personen fragen, die sich einerseits medizinisch damit auseinandersetzen und andererseits das auch vielleicht selber erleben. Was ich so im WPK und in den Gesprächen mit den Schülern mitbekomme ist aufjedenfall, dass sich die Leute in der Regel bewusster mit Ernährung auseinandersetzen, sich überlegen was die Produkte für Inhaltsstoffe haben, auch eine Einstellung zu gesunder Ernährung haben und das ist ja prinzipiell sehr gut. Natürlich bieten verschiedene Formen der Ernährung ja auch gewisse gesundheitliche Risiken, über die man aufklären muss. Also zum Beispiel ein Veganer der im Prinzip überhaupt keine Eiweiße zu sich nimmt bzw. nur pflanzliche Eiweiße aufnimmt, sollte dann auch eine medizinische Beratung in Erwägung ziehen. Die verschiedenen Formen sind ja nicht nur eine Ernährunsgseinstellung, sondern meist auch eine Einstellung zu ökologischen Themen, von daher  finde ich das erstmal positiv, ich selber esse aber auch gerne ein gutes Stück Fleisch. 

Die vegetarische (kein Verzehr von Fleisch) und vegane Ernährungsweise (kein Verzehr aller Nahrungsmittel tierischen Ursprungs) hat in den letzten Jahren besonders an Beliebtheit gewonnen. Laut der Allensbacher Markt- und Werbeträgeranalyse (AWA) leben 2018 rund 0,96 Millionen Veganer und 6,31 Vegetarier in Deutschland. Laut dem Robert Koch Institut ist der Anteil der Vegetarier in der Altersgruppe der 18- bis 29-Jährigen sowie der 60- bis 69-Jährigen am höchsten. Doch nicht nur beim Alter sind Unterschiede zu erkennen, sondern auch beim Geschlecht. Unter Frauen ist die vegetarisch-vegane Lebnsweise stärker verbreitet als unter Männern. Bei den Frauen ist die vegetarische Ernährungsweise mit 6,1% weiter verbreitet als bei Männern mit 2,5%. https://vebu.de/veggie-fakten/entwicklung-in-zahlen/anzahl-veganer-und-vegetarier-in-deutschland/https://de.statista.com/statistik/daten/studie/173636/umfrage/lebenseinstellung-anzahl-vegetarier/

Kannst du uns drei interessante Fakten über dich verraten? (Musikgeschmack, Freizeitaktivitäten, Reiseorte, geheimes Talent)

Ich mache gerne Familienurlaube, aber früher bin ich ganz gerne mit meiner Frau auf Entdeckertour gegangen nach Afrika, Island und Kuba. Das ist auf jeden Fall eine Leidenschaft die noch in mir schlummert und wenn meine Tochter alt genug ist, wird sie sicherlich auch die ein oder andere Reise in die Richtung mit machen. Sonst koche ich gerne, gehe gerne zu Hannover 69, zum Schwimmen, mache was mit meiner Familie und höre gerne laut Rock.

Es ist ein geläufiges Vorurteil, dass Studierende während des Studiums überaus häufig Feiern gehen, trifft dies auf dich zu?

Über die Studentenzeit muss man nicht so viel im Detail erzählen, aber es ist sicherlich auch so, dass die Studienzeit auch eine Zeit der Selbstfindung ist und dass man da auch Spaß hat, raus geht und die ein oder andere Party mitnimmt. Das gehört eben dazu. Aber es gehört auch dazu herauszufinden, wie man sein Leben später bestreiten will und was man daraus machen will, dadurch ist das echt eine spannende Zeit in der viel Unfug, aber auch Gutes passiert.

Hast du jemals eine Straftat begangen?

Ja, sicherlich mal. So Kleinigkeiten, aber nichts Dramatisches. Ich habe vielleicht in der Schule mal nicht nach dem Stift gefragt und ihn mir dann ausgeliehen, aber nichts darüber hinaus.

Wo siehst du dich in 15 Jahren?

Nach wie vor im Lehrerberuf, ansonsten gar nicht so unverändert. Also weiter zusammen mit meiner Familie zusammenzuleben und mit den Schülern Kontakt zu haben, aber so weit voraus schauen tue ich da eigentlich gar nicht. Also ich bin gerade echt zufrieden, wie sich das alles entwickelt hat und ganz konkret was in 15 Jahren ist, weiß ich nicht. Aber es wird sicherlich so sein, dass ich privat und beruflich genauso unterwegs bin und die ein oder andere spannende Herausforderung suche, wenn meine Tochter dann irgendwann alt genug ist, dass man sich vielleicht vom Beruf oder Hobby umorientieren kann, aber momentan kann ich das noch gar nicht sehen. Momentan ist das mehr die Familienzeit.

Wenn du dich dein restliches Leben nur noch von einer Speise ernähren könntest, welche wäre es und warum?

Pizza. Weil die so abwechslungsreich ist und man kann immer das drauf machen, worauf man gerade Lust hat und außerdem ist der Teig relativ schnell hergestellt. Man kann also jeden Tag variieren, mal mit Tunfisch, mal vegetarisch, oder worauf man gerade Lust hat. Nur Pommes zum Beispiel könnte ich mir nicht vorstellen.

Was möchtest du uns als Schülern auf den Lebensweg mitgeben?

Ich glaube, dass es darum geht, dass ihr euch eure eigenen Gedanken macht und eure eigene Meinung entwickelt. Und ich finde es auch immer ganz gut wenn Schüler eine Meinung vertreten und das ausdrücken. Das versuche ich auch immer meinen Schülern mitzugeben, dass sie sich Gedanken machen was sie machen wollen später. Das ist das
Wichtigste, dass sich jeder entwickelt wie er das mag und dazu auch steht.

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