Detlef Busse: Der mit dem Wolf spricht.

SOPHIE UND SARA SPRACHEN MIT TIERPFLEGER DETLEF BUSSE ÜBER SEINE SCHÖNSTEN ERLEBNISSE AUS 40 JAHREN ZOO Hannover.

Wir verlosen ein handsigniertes Buch HANNOVERSCHE ZOOGESCHICHTEN. Schreibt uns dazu unter das Bild auf Instagram, welches eurer liebstes Tier ist und warum.

Wie wurdest du Tiertrainer? Gibt es eine Ausbildung dafür?

Solange ich mich und meine Eltern sich zurück erinnern können, wollte ich schon immer etwas mit Tieren machen. Als ich noch ganz klein war, wusste ich nicht, dass es den Beruf des Tierpflegers gibt. Deshalb wollte ich Tierfänger in Afrika werden oder dort auf einer Safari arbeiten. Als ich aber gewusst habe, dass es auch Lehrberufe gibt, wie z. B. den des Tierpflegers, habe ich mich dazu ent-schieden Tierpfleger zu werden. Ich habe einen Hauptschulabschluss gemacht und bin mit 15 Jahren   in den Beruf des Tierpflegers eingestiegen. In der Ausbildung zum Tierpfleger muss man in vielen verschiedenen Bereichen arbeiten. Man muss zum Beispiel Fenster putzen oder auch als Tierarzthelfer dienen. 

Welche Fähigkeiten muss man mitbringen, wenn man Tiertrainer werden möchte?

In erster Linie benötigt man Einfühlungsvermögen, man muss versuchen sich wirklich in die Tiere reinzudenken. Außerdem muss man sensibel und sportlich sein. Schnelle Reaktionen sind notwendig um zum Beispiel über einen Zaun zu springen, wenn eine Antilope hinter einem her ist.

Welches ist das gemeinste und hinterhältigste Tier, das du kennst?

Überhauptkeines, es gibt keine gemeinen und hinterhältigen Tiere, das sind so Ausdrücke von uns Menschen. Tiere haben immer einen Grund, die machen nichts grundlos. Es gibt Tiere, die andere Tiere mobben, aber dies nur, weil sie sich selbst daraus einen persönlichen Vorteil erhoffen.

Welches ist das sozialste Tier?

Das sozialste Tier, sind eigentlich alle Tiere, die im Rudel leben. Für uns am besten zu verstehen sind natürlich Menschenaffen, eine Schimpansengruppe hat ein super Rudel, ober eben Delfine machen Delfinschulen, die geben alle ihre Kinder zu Tanten und dann sind da zehn Delfinkinder zusammen und haben so eine Art Schule. Aber es gibt auch Mulle, Mulle sind so kleine Tiere, die leben unter der Erde, sehen so ein bisschen aus wie Ratten ohne Haare, die haben auch solch eine Familienstruktur, die haben auch Schulen, das hat nichts mit Intelligenz zu tun, sondern das ist eben artspezifisch und hat damit zu tun, wie die Tiere miteinander umgehen. So haben Tiere, die in einer großen Gruppe leben ein gutes Sozialverhalten. Deshalb kann man auch den Hund gut trainieren oder zahm machen, ganz einfach, weil der eine Gruppe sucht. Ein Wolf lebt in einer Gruppe und wir haben den Hund dem Wolf domestiziert, wir haben einen Hund draus gemacht und der Hund sucht jetzt sein Rudel in unserer Familie. Deshalb ist der Hund der beste Vertreter (Freund) für uns Menschen.

Welches ist das dümmste und welches das schlaueste?

Natürlich sind die Tiere vom Kopf her unterschiedlich strukturiert. Es ist kein Tier so dumm, dass es nicht überlebt, um es mal so zu sagen. Also es ist eine gewisse Intelligenz  immer da, aber manche Tiere brachen davon nicht viel um zu überleben. Und andere Tiere sind besonders intelligent, beson¬ders intelligent, ich glaube das schlauste Tier, welches wir zurzeit auf der Welt haben ist der Hund, weil der im Laufe der Zeit mit uns Menschen gelernt hat, mit uns Menschen umzugehen. Ich sage manchmal so übertrieben, wir Menschen glauben, wir wären die intelligentesten Lebewesen dieser Erde. Aber das intelligenteste Lebewesen auf dieser Erde trainiert andere. Das heißt ich sehe einige Hunde, die ihre Menschen super trainiert haben. Also muss ich fast schon annehmen, dass der Hund schon etwas intelligenter ist als der Mensch. Das ist jetzt etwas übertrieben gesagt, aber es ist so, der Hund lernt eben von dem Menschen noch mehr dazu, was er nicht braucht um nur zu überleben. Und z. B. ein Vogelstrauß, der frisst alles, der frisst Steine auf dem Weg, der frisst Grassamen, der frisst Blätter und sonst irgendwas, kann ganz ganz schnell laufen. Also wenn ein Feind kommt, dann läuft er einfach weg, der ist vom Kopf her nicht so besonders intelligent. Kann man auch erkennen, Körperform sehr groß so 120 Kg, der Kopf nicht so groß, Gehirn also eher klein. So ca. die Größe einer Walnuss.

Kann man jede Tierart trainieren oder liegt das Training manchen Tieren nicht besonders?

Ja, man kann jedes Tier trainieren, ich sag immer so, ich habe jedes Tier mal trainiert, weil ich im Laufe der 45 Jahre viele Tiere trainiert habe und ich habe nicht nur im Zoo Hannover gearbeitet. Ich habe auch in Singapur und in Indien und so gearbeitet. Ich sage immer jedes Tier kann man trainieren, aber das ist nicht „ganz“ richtig. Z. B. Korallen sind ja auch Tiere, die kann man nicht trainieren. Heu¬schrecken, da wird es auch schon schwierig, so in der Richtung. Aber Fische kann man z. B. trainieren. Aber es geht immer darum, dass du als Trainer nicht von einem Tier etwas verlangst, was es das Tier gar nicht kann. Wenn ich jetzt von einem Fisch erwarte, dass er durch einen Reifen schwimmt, dann bekomme ich das hin, ich kann einen Reifen ins Wasser hängen, auf der anderen Seite etwas mit dem Wasser plätschern oder etwas Futter hinhalten, dann bekomme ich das hin. Aber wenn ich möchte, dass der Fisch an Land läuft, das geht eben nicht, da kann ich ihn trainieren wie ich will, weil das biologisch gar nicht geht. Also kann ich immer nur das verlangen, was das Tier eben auch in der Natur macht. Wenn du in den Zoo reingehst, sieht man das, ich habe eben oft Greifvögel am Himmel frei fliegen lassen, aber ich habe dem Vogel das Fliegen nicht beigebracht, das konnte der schon. Meine Aufgabe war, dass er auf ein Kommando wieder kommt. Das Wegfliegen kann jeder Vogel, machst die Tür auf, ist er weg. Also meine Aufgabe war dem Vogel beizubringen, zu merken, hey du darfst wieder kommen.

Können Affen Lieder komponieren?

Können Affen Lieder komponieren? Ja, das ist so eine Sache, es gibt Schimpansen, die haben gelernt auf Klaviertasten rumzuhauen und haben eine Melodie hinbekommen. Ob das komponieren ist, oder ob das eine Form von Bewegung ist, die er gemacht hat, weiß ich nicht. Michael Jackson, kennt viel¬leicht der ein oder andere von euch, der hat auch einen Schimpansen gehabt und der Schimpanse lebt jetzt in einem Altersheim in Florida und der hat die Chance selbst Schallplatten aufzulegen. Der hat im Prinzip eine Videowand und kann daran Tasten drücken, welche Lieder er gerne hören möchte. Die Tiere haben auf jeden Fall ein Gefühl für Melodie, aber ob das gleich komponieren ist kann ich nicht beantworten. 

Wie schafft man es, dass die Tiere eine Show mitmachen? Ist es eine Art Domestizierung oder ein Lernprozess, den die Tiere durchlaufen?

Ja, da sind wir wieder an diesem Punkt, ich habe versucht, dass die Tiere das, was sie ohnehin von der Natur her können auf  Kommando tun. Das war für mich das Wichtigste, wenn z. B. ein Gürteltier gerne riecht, dann habe ich letztendlich etwas versteckt auf der Wiese und habe dann gesagt: „Geh mal suchen!“ Dann ist das Gürteltier dahin gelaufen. Oder einem Huhn habe ich beigebracht Füßen zu folgen, indem ich es immer auf den Füßen gefüttert habe. Dann habe ich einen Besucher genom¬men und habe ihm gesagt, meine Hühner sind trainiert, geh mal ein bisschen spazieren und das Huhn ist immer hinter dem hergelaufen. Da ich das jetzt in der Show lustig erklärt habe, wurde es zur Show, das Tier hat nur das gemacht, was es eben gelernt hatte oder was es für die Natur braucht. Wir Menschen, wir machen da eine Show draus, also dadurch wie wir es moderieren und unseren Spaß haben, dadurch haben wir unsere Lacher. Für mich ist immer wichtig, dass eine Show so aufge¬baut ist, dass ich Informationen abgeben kann z. B. ein Huhn wird so und so alt, das kann ich während das Huhn mir hinterherläuft, dabei habe ich genug Zeit Informationen an die Besucher zu geben. Auf der anderen Seite möchte ich dabei eben auch Aktion haben, es passiert etwas, es fliegt ein Greif¬vogel über deinen Kopf und, dass eben auch die Menschen Spaß haben. Nur wenn man Spaß hat am Un¬terricht, dann lernt man etwas.

Was magst du an deinem Job am liebsten?

Den Kontakt zu Tieren zu haben und jeden Tag herausgefordert zu sein eine Kommunikation hinzu-bekommen. Klar ich habe irgendwann gelernt mich mit einem Menschen zu unterhalten, aber jetzt kommt ein Tag, an welchem es diesem Menschen nicht so gut geht, dann muss ich meine Art der Kommunikation umstellen um diesen Menschen zu erreichen. Ihn trotzdem ansprechen. Oder eben etwas Besonderes machen, damit er mit mir redet, obwohl er doch heute einen schlechten Tag hat. Ähnlich ist das mit den Tieren, dass ich jeden Tag eine Herausforderung habe, wie bekomme ich diese Kommunikation hin mit dem Gegenüber, ob das ein Mensch ist oder ein Tier, das ist total egal. Das ist eine Herausforderung die Spaß macht. Ich bin nie ein Mensch gewesen mit Computer und Technik, also auch heute noch, mein Handy ist für mich so, „ja ich kann damit telefonieren“, aber so in die Richtung bin ich nicht der Mensch für. Ich bin eben ehr der Mensch, der über Gefühle arbeitet und deshalb war der Beruf das idealste, was ich in meinem Leben machen konnte.

Mit welchem Tier hast du am liebsten gearbeitet und warum?

Mit dem Menschenaffen habe ich am liebsten gearbeitet, weil sie einfach hoch intelligent sind und  viel aussagen können. Wenn ich gut gelaunt zur Arbeit gekommen bin, weil es ein toller Tag war, dann haben mich die Affen von morgens bis abends verarscht. Die haben mich festgehalten, mir den Pott weggenommen, mir den Brei ins Gesicht geschmiert, aber wenn ich einen schlechten Tag gehabt habe, weil ich Ärger zuhause gehabt habe, dann waren die alle ganz artig, die haben brav dagesessen und waren ganz freundlich, den ganzen Tag über. Im Prinzip haben sie das wiedergespiegelt, was ich mit ihnen auch gemacht habe. Wenn ich morgens gekommen bin und gemerkt habe, dass es einem Tier nicht gut ging, dann habe ich mich zu ihm gesetzt und habe Händchen gehalten.  

Was war ein Highlight in deinem Beruf?

Das Highlight in meinem Berufsleben war die Freundschaft mit Sonja, ein Gorilla-Weibchen, die ich von klein auf kannte. Bei der ersten Geburt von Gorilla-Weibchen Sonja durfte ich die Nabelschnur abschneiden. Sie hat mir ihr völliges Vertrauen gegeben. Das war ein wahnsinniges Erlebnis für mich, was für eine Beziehung man mit einem Tier haben kann.

Warum hast du nicht schon eher ein Buch geschrieben?

Ach, ich war zu faul. Außerdem bin ich Legastheniker, ich habe Lese- und  Rechtschreibschwierigkeiten. Ich habe mich mein Leben lang davor gedrückt zu schreiben, als es darum ging,  jeden Tag ein Abendprotokoll zu schreiben, was ist mit den Tieren gewesen ist, war ein Tier krank, muss ich morgen zum Tierarzt, welche Futtermittel brauche ich, habe ich diese Aufgabe an einen Kollegen weitergegeben. Ich habe immer die Sachen gemacht, die ich gut konnte.  Als ich dann aber Rentner war, haben alle gesagt: „Jetzt hast du Zeit, jetzt bist du dran“. Und so ist dann mein Buch entstanden.

Gehst du denn manchmal selbst noch in den Zoo?

Ja, selbstverständlich. Ich habe auch eine Jahresfreikarte, ich kann also jederzeit umsonst in den Zoo gehen und wir Tierpfleger haben auch eine Freikarte für alle Zoos in Deutschland, ich kann also jeden anderen Zoo in Deutschland auch umsonst besuchen. 

Erkennen dich die Tiere denn jetzt auch noch, wenn sie dich sehen?

 Die hochintelligenten Tiere erkennen mich nach wie vor noch. So ein Papagei, der guckt ein bisschen schief, dann erkennt er mich auch, aber andere Tiere zum Beispiel ein Strauß der sagt nur „Mensch“ aber nicht „Detlef“.

Wenn du sagst, du hast eine Jahreskarte für jeden Zoo in Deutschland, welchen Zoo würdest du denn dann empfehlen? Welcher ist deiner Meinung nach der Beste?

Hannover, logisch. Nein, der Zoo in Leipzig ist auch noch sehr schön, aber da kommt es eben so ein bisschen drauf an, was man sehen möchte. Im Kopf entwickeln wir Menschen uns weiter, als ich vor 45 Jahren angefangen habe, da wollten die Menschen Artenreichtum, da bist du in den Zoo ge-gangen und die Menschen wollten nicht nur einen Tiger sehen, die Menschen wollten den sibirischen Tiger sehen. Mittlerweile ist es so, dass man in den Zoo geht und man möchte eigentlich sehen, wo leben die Tiere. Deshalb hat der Zoo Hannover beispielsweise ein Afrika-Bereich eröffnet, damit man sehen kann wie es in Afrika aussieht. Einige Menschen haben etwas dagegen, wenn Tiere in Gehegen leben. Für diese Menschen gibt es zum Beispiel einen Wildpark mit sehr großen Gehegen. Man muss immer für sich selbst entscheiden, was man gut findet und was man dann schlussendlich besuchen möchte.

Du sagst, du warst nicht der Beste in der Schule, was würdest du Schülern für einen Tipp geben um dabei stark zu bleiben um das zu lernen, wo es sie hintreibt?

Ich kann absolut nicht verstehen, wenn Menschen sagen, ich habe eine schlechte Kindheit gehabt, weil meine Eltern nicht gut waren oder sonst etwas. Das ist alles Blödsinn. Du allein entscheidest, was in deinem Leben passiert. Ich bin zur Welt gekommen, mein Vater hat am Fließband bei der Conti gearbeitet, meine Mutter war arbeitslos, ich habe mit drei Jungs in einem Zimmer geschlafen, in der Schule wurde ich als dumm und faul abgestempelt. Ich habe immer gesagt, ich entscheide, was in meinem Leben passiert. Ich persönlich, es hat keinen anderen Grund, dass mein Leben so ist wie meins heute ist. Das heißt du allein entscheidest wie dein Leben läuft und da kannst du eine schlechte Kindheit haben, eine schlechte Schule haben, schlechte Lehrer haben, eine schlechte Arbeitsstelle. Man allein hat die Verantwortung für sein Leben. Bist du mit etwas nicht zufrieden, dann ändere es. Wenn du Träume hast, versuch sie zu erfüllen.

Erkennen dich auch die Besucher?

 Ich habe 45 Jahre im Zoo gearbeitet, das heißt eure Eltern haben mich schon als Kinder kennengelernt. Ich werde auch ab und an in der Stadt angesprochen. Das lustige ist, die Erwachsenen, haben Schwierigkeiten mich zu erkennen. Kinder erkennen mich sofort, die wissen gleich wer ich bin. Die Erwachsenen sagen dann meist, nein, das kann nicht sein, dass der hier rumläuft. Ganz einfach weil Menschen, das Bild eines anderen Menschen ganz einfach abspeichern, da gehört die Arbeitskleidung dazu, die Stimme gehört dazu und Kinder speichern einfach den Kopf ab, da kannst du anhaben was du willst, die Kinder erinnern sich an dein Gesicht, die Erwachsenen erinnern sich nur an das Komplettbild. 

Zu Fotos kann ich auch noch etwas erzählen. Meist wollen die Zeitungen ein Bild vom Pfleger mit einem Tier haben. Ich am Anfang fand das gar nicht so schön,  dass ein Artikel in die Zeitung kommt mit meinem Gesicht darin und ich sehe immer blöd aus auf so einem Foto. Bis heute war ich glaube ich über 100 mal in Zeitungen und wie das so ist, ich habe doch so ein nettes Gesicht gemacht und das Foto wurde genommen wo ich gerade total blöd drauf aussehe. Seit dem ist es so, wenn irgend¬jemand einen Fotoapparat vor mich hält, da kommt bei mir ein Lächeln raus, weil ich denke, wenn du wieder in der Zeitung bist mit einem blöden Gesicht, dann ist das ganz allein dein Fehler. Da hat kein anderer dran schuld. Also wenn einer mit einem Fotoapparat vor euch steht, dann grinst, denkt an etwas Schönes und fertig.

Hier gehts zu Detlef Busses Webseite: https://zootiertrainer.de

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