Mythen, Fake News, Verschwörungen – auf der Suche nach Wahrheit.

Bill Gates hat die WHO gekauft. Wir alle werden demnächst zwangsgeimpft. Und Corona ist eine Lüge.

Nachrichten wie diese kennst du, oder? Falschinformationen werden befeuert über Social Media Kanäle wie YouTube, Instagram und Messenger wie zum Beispiel WhatsApp.

Wie du Falschnachrichten – Fake News – erkennst und was du selber tun kannst, erfährst du in unserem Interview mit Fiete Stegers.

Fiete Stegers ist Medienwissenschaftler und Journalist und arbeitet für die Initiative Klickwinkel

Hallo Fiete, danke, dass du uns hier aufklärst! Was sind denn eigentlich Fake News?

Unter „Fake News“ versteht man Falschinformationen, die absichtlich in die Welt gesetzt wurde und sich heutzutage meist über die sozialen Medien verbreiten. Sie sollen den Eindruck erwecken, dass es sich um richtige Nachrichten, also wahre Geschehnisse oder Informationen handeln. Das können zum Beispiel echte Zitate von Personen sein, die in einen falschen Zusammenhang gestellt werden, manipulierte Fotos oder komplett erfundene Geschichten auf Websites, die auf den ersten Blick seriös aussehen. „Fake News“ wird aber auch als Kampfbegriff gebraucht. Manche Menschen wie US-Präsident Trump bezeichnen auch einfach alles „fake“, was in der Zeitung steht und ihnen nicht passt. 

Wer sind die Menschen, die Fake News kreieren und mit welchem Ziel werden Fake News in die Welt gesetzt und verbreitet?

Sie haben ganz unterschiedliche: Viele wollen ihre Meinung zu politischen oder gesellschaftlichen Fragen verbreiten und teilen deshalb auch falsche Meldungen, wenn die ihr Weltbild passen. Zum Beispiel über Kriminalität von Einwanderern oder, dass das Corona-Virus angeblich harmlos ist. Ob die Information wirklich stimmt, ist für sie dabei nicht so wichtig. Oder sie ignorieren es sogar absichtlich. Es gibt auch Fälle, in denen Menschen Fake News erfinden, um damit Geld zu verdienen. Wenn sich andere Nutzer sich über die Falschinformationen aufregen und dadurch auf Websites oder ihre Videos anklicken, können sie damit Geld durch Werbung verdienen. Wieder andere setzen Fakes einfach aus Spaß in die Welt – weil sie sehen wollen, ob jemand auf ein gefälschtes Foto hereinfällt oder eine Lüge glaubt, und sich dann vielleicht cool fühlen. 

Woran liegt es, dass sich Desinformationen so gut und rasant verbreiten?

Das liegt daran, wie soziale Medien wie YouTube, Instagram oder Facebook funktionieren. Dort können nicht nur Fotos oder Videos schnell geteilt werden und hunderte oder tausende andere Nutzer erreichen. Die Algorithmen der Social-Media-Plattformen zeigen den Nutzern auch bevorzugt Inhalte an, die viele Likes oder Kommentare bekommen. Und das sind nun vor allem solche, die besonders spektakulär oder über die sich viele Nutzer aufregen. Und genau dieses Schema bedienen eben viele Falschmeldungen.

Wie finde ich denn verlässliche Quellen, wenn ich Informationen suche?

Oh, hier könnte ich jetzt weit ausholen und erzählen, wie unser Mediensystem aufgebaut ist und arbeiten. Das ist auf jeden Fall wichtig für jeden zu wissen, würde aber hier zu weit führen. In vielen Fällen kann es helfen, erst mal bei Google News zu gucken, wo zu einem Stichwort Meldungen von verschiedenen Medien mit Fernsehen, Zeitungen, Radio – und Internetredaktionen zusammengetragen werden. Natürlich gibt es bei den einzelnen Medien auch noch deutliche Unterschiede – eine große Zeitung mit eigenen Reportern in der ganzen Welt arbeitet vielleicht genauer als eine kleine, und die „Bild“ und andere bunte Blätter wieder anders.

Bei Wikipedia findet Ihr zu den meisten Medien kurz Informationen, die helfen können, eine unbekannte Quelle besser einzuschätzen. Das ist das Wichtigste: Genau gucken, woher eine Information stammt und ob andere Quellen das gleiche sagen. 

Nachrichten sind wahrscheinlich immer tendenziös – wenn ich valide Nachrichten und News suche und eine andere Meinung als die der Bundesregierung oder von Ministerien lesen oder hören möchte, wo finde ich denn verlässliche Nachrichten? 

Ja, Ministerien und Behörden sind in vielen Fällen die ersten Ansprechpartner, weil sie zum Beispiel bei der Corona-Pandemie zählen, wie viel Infizierte es gibt, oder wissen, wie viele Familien mit Kindern von Hartz IV leben. 

Aber man muss man hier auf jeden Fall zwischen zwei Begriffen unterscheiden: Verkündungen der Bundesregierung sind erst mal keine Nachrichten an sich, sondern Pressemitteilungen. Die können natürlich möglicherweise auch tendenziös sein. „Nachrichten“ sind dagegen eine Form, wie Journalistinnen und Journalisten Neuigkeiten in der Tagesschau oder auf Nachrichtenwebsites im Internet veröffentlichen.

Sie stützen sich dabei häufig auf Presseankündungen der von Regierung oder Behörden zurück – aber die Informationen sollten nicht einfach unbesehen verbreitet werden. Die Journalistinnen und Journalisten wählen aus, was wichtig ist. Sie gleichen die Informationen mit anderen Quellen ab und ordnen sie durch eigene Recherchen ein. Das ist zumindest das Ziel.

Kann man Verschwörungstheorien bzw. VerschwörungsMythen auch als Fake News zeichnen? 

Verschwörungsmythen gibt es schon sehr lange. Das sind oft komplexe Gedankengebilde, die davon ausgehen, dass eine böse Macht einem geheimen Plan folgt und unbemerkt üble Dinge tut, die nur eine Handvoll besonders schlauer Köpfe durchschaut. Ich würde sagen, dass die Verbreitung einer einzelnen „Fake News“  Teil eines solchen Verschwörungsmythos sein kann.

So wurde die Tatsache, dass die Stiftung von Milliardär Bill Gates ein Projekt von Berliner Viren-Forschern unterstützt, genommen und als Beweis dafür ausgelegt, dass Billl Gates irgendwie hinter dem Corona-Virus steckt. Je nach Grad des Verschwörungsgeschwurbels will Gates dadurch nur mehr Geld durch die Verkauf von Medizin verdienen oder sogar Menschen Mikrochips einpflanzen lassen.

Viele Menschen erhalten gerade fragwürdige Nachrichten rund um das Coronavirus über WhatsApp oder andere soziale Netzwerke. Wie kann ich prüfen und erkennen, ob eine Nachricht wahr oder falsch ist?

Mit den Gerüchten, Memes und angeblich gesicherten Informationen, die in den sozialen Netzwerken kursieren, beschäftigten sich spezielle Faktenchecken-Seiten wie Mimikama, Correctiv oder der Faktenfinder der Tagesschau. Die erklären meist relativ schnell, ob an einer Sache etwas dran ist oder alles übertrieben oder sogar erfunden ist.

Allgemein gibt es zum Corona-Virus natürlich die offiziellen Informationen des Bundesgesundheitsministeriums und des Robert-Koch-Instituts.

Alle großen Medien berichten im Internet umfangreich über Corona und haben oft Artikel zusammengestellt, die die wichtigsten Fragen und Antworten klären. Sehr wichtig in dem Zusammenhang: Unbedingt darauf achten, ob ein Datum bei einem Post oder Artikel steht. Viele Dinge über das neue Corona-Virus finden auch Wissenschaftler und Ärzte erst nach und nach heraus. Das heißt, ältere Einschätzungen und Empfehlungen können inzwischen schon nicht mehr gelten.

Warum wird aktuell derart die Legitimität von Medien und Jounalisten, Medizin und Wissenschaft angezweifelt? 

Hier kommen meiner Meinung nach eine Menge Faktoren zusammen: die unklare bzw. sich weiter entwickelnde Wissenslage über das Virus und seine Folgen. Die für die meisten Menschen in Deutschland, die selbst keine schwer Erkrankten kennen, abstrakt gebliebene Bedrohung durch die Krankheit.

Bei anderen erhöht die Angst, sich selbst anzustecken, sicher die Bereitschaft, irgendwelchen Quatsch zu glauben. Diese speziellen Corona-Faktoren treffen auf Entwicklungen, die es schon länger gibt: Menschen, die an Schulmedizin zweifeln und Impfungen ablehnen.

Politisch eher rechts stehende Menschen, die schon immer gegen die Bundesregierung waren und jetzt gegen Maskenpflicht und andere Vorsichtsmaßnahmen protestieren. Und natürlich die bereits geschilderte Verbreitung von Falschinformationen über Messenger und soziale Netzwerke. Anderseits zeigt sich in der Krise aber auch, dass die Menschen sich mehr bei traditionellen Medien informieren. Ihre Einschaltquoten und Abrufzahlen sind gestiegen. 

Gibt es auf gesellschaftlicher Ebene eine Gefahr durch die Verbreitung von Desinformationen?

Das befürchten vielen Experten. Weniger in der Form, dass einzelne Interessengruppen oder fremde Staaten dadurch direkt Wahlergebnisse in Deutschland beeinflussen würden. Wohl aber dadurch, dass sich Konflikte innerhalb der Gesellschaft noch stärker aufheizen. Nach dem Streit um die Flüchtlingsaufnahme 2015/2016 ist das Corona-Virus hier der zweite große Fall. Wir sollten auf jeden Fall etwas tun, damit es nicht weiter eskaliert.

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