3 Fragen an den Intendanten. Lars Ole Walburg.

Unsere drei Fragen gehen heute an Lars Ole Walburg – Dramaturg, Theaterregisseur und Intendant. 

Geboren wurde Walburg 1965 in Rostock. 1987 stellte er einen Ausreiseantrag und verließ Anfang 1989 die DDR. 1992 erhielt er den renommierten Grimme-Preis für das  Kulturmagazin KAOS. Stationen am Deutschen Schauspielhaus in Hamburg, Theater Basel, Gastinszenierungen an den Münchner Kammerspielen und seit 2009 Intendant am Schauspiel Hannover.

Wir wollten wissen: was ist aktuell los am Schaupielhaus, in welches Stück sollten wir unbedingt gehen und welchen Auftrag hat Theater eigentlich?

Los gehts:

Neuigkeiten und Innovation: Der September steht vor der Tür. Was erwartet uns im Auftaktmonat?

Wie in jeder Spielzeit legen wir auch 2017 den Schalter sofort auf „Volle Fahrt“. Nachdem wir im August bereits den Theaterhof mit „Indien“ bespielt haben und mit unserem Beitrag für Made in Germany 3 auf dem U-Bahnhof Kröpcke für Gesprächsstoff gesorgt haben, startet der September mit unserer eigentlichen Eröffnung. Hausregisseur Tom Kühnel nimmt sich des „Medea“-Stoffes an und erzählt ihn auf eine moderne Weise. Einen Tag später hat dann ein Experiment Premiere, das den Beginn einer hoffentlich turbulenten Zeit auf der Cumberlandschen  Bühne und ihrer Galerie einläuten soll. Alexander Eisenach bringt die ersten beiden Folgen unserer Theaterserie „Eine Stadt will nach oben“ heraus. Die Geschichte beschäftigt sich mit Hannover in der Weimarer Republik. Es folgen dann im Laufe der Saison vier andere Regisseure, die die Folgen 3 bis 10 inszenieren werden. Daneben werden verschiedene neue Reihen auf Cumberland hoffentlich vor allem ein junges Publikum neugierig machen. Insgesamt haben wir im September allein fünf Premieren und siebzehn Wiederaufnahmen. Also einfach mal ins Programm gucken.

Das junge Publikum: Welches Stück legen Sie insbesondere jungen Theatergängern ans Herz?

Tatsächlich bin ich sehr gespannt auf die Wiederbegegnung mit einem Klassiker. Der junge, aber unglaublich vielseitige und begabte Regisseur Jan Friedrich inszeniert zur Eröffnung des Jungen Schauspiels „Kabale und Liebe“ von Friedrich Schiller. Er hat einen sehr ungewöhnlichen Blick auf die Geschichte und sie in eine Vampirwelt verlegt. Ab dem 8. September werden wir sehen, wie man damit den Klassiker neu entdecken kann. Eine andere Empfehlung ist die Geschichte von Heiko Kolbe. Heiko lebt und arbeitet in Hannover. Eigentlich ist er nicht sonderlich auffällig, er hat nur eine seltsame Freizeitbeschäftigung. Heiko ist „Hool“. Das Theaterstück nach dem Erfolgsroman von Philipp Winkler hat am 23.9. im Schauspielhaus Premiere.

Hintergrund: Welchen Auftrag hat Theater eigentlich in unserer politisch und gesellschaftlich turbulenten Zeit?

Theater muss erst einmal das machen, was es am besten kann: es muss Geschichten erzählen. Damit kann es verführen und dazu anregen, sich mit menschlichen und gesellschaftlichen Werten und Denkweisen auseinanderzusetzen. Für mich persönlich ist es dabei egal, woher der Stoff kommt, also ob er ursprünglich als Drama geschrieben wurde oder ein Film oder Roman war. Auch die Entstehungszeit spielt keine Rolle. Meine Forderung an einen Theaterabend besteht lediglich darin, dass er in seiner Wirkung irgendetwas mit unserer Lebensrealität zu tun haben muss. Daraus entsteht seine gesellschaftspolitische Relevanz.

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